Fachkräftemangel in Deutschland
Wieso Deutschland für Fachkräfte wenig attraktiv ist.



Gründe für das Fehlen von Frachkräften hierzulande

Juni 2023
Deutschland steckt in einem Dilemma, denn ausgerechnet die gefragtesten Fachkräfte wandern lieber in andere Länder aus. Die Bundesarbeitsagentur geht davon aus, dass jährlich 400.000 Fachkräfte zuwandern und bleiben müssten, um den Arbeitsmarkt stabil zu halten. Gesucht sind insbesondere Pflegepersonal, IT-Experte, Handwerker, Techniker oder Logistiker.

Da von 2025 an die sogenannten Babyboomer, die geburtenstarken Jahrgänge, in Rente gehen, könnten dem Arbeitsmarkt bis 2035 sieben Millionen Arbeitskräfte verloren gehen. Auf der anderen Seite scheint Deutschland wenig beliebt bei ausländischen Fachkräften zu sein. Einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge rangiert Deutschland unter allen ausländischen Fachkräften, Unternehmen und Start-ups im OECD-Vergleich auf Rang 12. Das entspricht einer Verschlechterung um drei Zähler. Länder wie Norwegen, Kanada oder Neuseeland haben Deutschland links überholt. Bei der Studie wurden Aufstiegschancen, Höhe des Einkommens, Möglichkeiten für Familienmitglieder oder die Visa-Vergabe bewertet.

Wegen der gesetzlich garantierten Arbeitnehmer-Freizügigkeit innerhalb der EU war man in den letzten Jahrzehnten nicht auf Fachkräfte aus Drittstaaten angewiesen gewesen, doch der internationale Wettbewerb um Fachkräfte und Talente hat sich mittlerweile so verschärft, dass die Binnenmigration innerhalb der EU nicht mehr ausreicht, um den Fachkräftemangel zu beheben. Bislang waren Fachkräfte aus anderen EU-Ländern von selbst nach Deutschland gekommen und so hat man sich in der Vergangenheit auch wenig aktiv um qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland bemüht gehabt. Doch dies scheint sich jetzt zu rächen.

In der kanadischen Provinz Ontario beispielsweise gibt es ganze Zuwanderer-Communities, wo ankommende Fachkräfte aktive Hilfe bei Behördengängen und Zugang zu wichtigen Kontakten erhalten. Auch finden sie ein hilfsbereites soziales Umfeld vor.
Deutschland tut sich jedoch mit all dem scheinbar schwer. Hierzlande glaubt man wohl, dass Zuwanderer schon selbst Kontakte knüpfen und viel Geld und Geduld mitbringen würden.
Doch der deutsche Bürokratismus schreckt viele ab. Auch erweist es sich als nachteilig, dass in deutschen Behörden oftmals nicht die Weltsprache Englisch gesprochen wird. Auch auf der Arbeit und im alltäglichen Leben erweist sich die Sprachbarriere als problematisch.

Demografie-Forscher Klingholz glaubt zudem, dass Deutschland im Ausland ein ramponiertes Image hat, was Menschen anderer Kulturen gerade dort, wo Fachkräfte am dringensten gebraucht werden, nämlich in den östlichen Bundesländern, abschreckt.

Anders ist dies in Kanada, wo seit 1988 der Multikulturalismus
in der Verfassung festgeschrieben ist und Einwanderer willkommen sind. 1967 führte die kanadische Regierung ein ausgeklügeltes System ein, in dem Kriterien wie die Sprachfähigkeit, Arbeitserfahrung oder berufliche Qualifikation bepunktet werden. Zuwander können so möglichst schnell Mitglieder der Gesellschaft werden, mit allen Rechten und Pflichten. In Kanada scheint es gut zu funktionieren, denn
jedes Jahr kommen rund 350.000 besonders qualifizierte Zuwanderer an - anders als in Deutschland.

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