Update 26. Juni 2023
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck möchte auch den privaten Ausbau der Solarenergie in Deutschland mit einem "Solarpaket I" fördern und sowohl auf Dächern wie Frei-flächen vorantreiben. Nach dem jetzigen Gesetzesentwurf sollen die Regelungen zur Errichtung von sogenannten
Balkon-Kraftwerken, Solarpanels für zu Hause, unbürokra-tischer
und vereinfacht werden. Künftig soll bei der Installa-tion einer Balkon-Solaranlage nur noch die Meldung bei der Bundesnetzagentur erforderlich sein. Die bislang recht aufwendige Meldung beim Netzbetreiber soll dem Bericht zufolge entfallen. Parallel arbeitet das Bundesjustizminis-terium an einer Gesetzesänderung, durch die Mieter und Wohnungseigentümer die sogenannten Steckersolargeräte leichter installieren können.
Noch produzieren Windräder hierzulande doppelt so viel Strom wie Solaranlagen. Doch das könnte sich ändern, denn die Solarenergie erlebt offenbar ein Comeback in Deutschland. Nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) wurden im ersten Quartal deutschlandweit 159.000 Photovoltaik-Anlagen für Privathäuser in Betrieb genommen. Das entspricht einen Zuwachs von 146 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Im ersten Halbjahr lag der Anteil erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne am Stromverbrauch in Deutschland bei rund 52 Prozent. Wegen des sonnigen Wetters war der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch im Mai 2023 mit 57 Prozent erfreulich hoch gewesen. Gerade Photovoltaik-Anlagen hatten im Mai so viel Strom wie noch nie erzeugt.
Die Zahl der auf Deutschlands Dächern installierten Photovoltaikanlagen ist im März dieses Jahres verglichen mit dem Vorjahresmonat um 16 Prozent gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt gibt es insgesamt 2,6 Millionen Anlagen, die in die Netze der öffentlichen Versorgung einspeisen und über einen Stromzähler verfügen. Photo-voltaik auf Balkonen, sogenannte Balkonkraftwerke, fällt in der Regeln aus dieser Statistik heraus, weil hier üblicherweise kein Strom ins öffentliche Netz eingespeist wird.
Die Leistung der Solaranlagen stieg den Angaben zufolge um mehr als 20 Prozent im Vergleich zum März 2022 auf rund 70.600 Megawatt an. Durch den Betrieb von Photovoltaik-anlagen wurden in Deutschland im vergangenen Jahr gut 54,3 Millionen Megawattstunden Strom ins Netz eingespeist. Ein Jahr zuvor hatte die Netzeinspeisung noch bei rund 45,3 Millionen Megawattstunden gelegen. Im sehr sonnigen Juni 2022 wurde ein Fünftel des eingespeisten Stroms
mit Hilfe von Photovoltaikanlagen erzeugt. Das entspricht 7,7 Millionen Megawattstunden - ein neuer Rekord.
Der Bundesverband der Solarwirtschaft beklagt allerdings die fehlende Wettbewerbsfähigkeit europäischer Anbieter, denn China produziert Solarmodule weit billiger als es in Europa der Fall ist. Die europäischen Produktionskosten für Solarmodule dürften nach einer groben Formel etwa doppelt so hoch sein. Insofern ist es kein Wunder, dass das Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme den europäischen Anteil an der weltweiten Produktion auf gerade mal ein Prozent und den chinesischen auf 75 Prozent schätzt.
Photovoltaik Ausbau in der EU:
(Zuwachs zum Vorjahr in Prozent)
Im laufenden Jahr 2023 könnten laut Bundesverband der Solarwirtschaft (BSW) neue Solaranlagen mit einer Leistung zwischen neun und elf Gigawatt hinzukommen.
Neu installierte Leistung von Photovoltaik 2022 in ausgewählten Ländern in GW (Gigawatt):
Deutschland |
7,9 GW Strom |
Spanien |
7,5 GW Strom |
Polen |
4,9 GW Strom |
Niederlande |
4,5 GW Strom |
Frankreich |
2,7 GW Strom |
Italien |
2,6 GW Strom |
Portugal |
2,5 GW Strom |
Jüngst schrieb die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem jährlichen globalen Energiebericht sogar, dass solar produzierter Strom unter günstigen Bedingungen heute der "billigste aller Zeiten" ist.
Leider gibt es auch Schattenseiten des Solarbooms in Deutschland. Da sich mit Solarparks derzeit viel Geld verdienen lässt, kaufen große Investoren derzeit teils riesige Flächen auf, um darauf Solarparks zu errichten - sehr zum Leidtragen von Bauern für die Ackerland dadurch rar und immer teuer wird. Zwischen 2010 und 2020 sind landwirt-schaftliche Nutzflächen hierzulande im Schnitt um 126
Prozent teurer geworden, denn freie Ackerflächen in Deutschland sind rar. Auch der Energieversorger EnBW bemüht sich derzeit um große Flächen in Ostdeutschland, um dort Tausende Solarpanele zu errichten. Zehn bis 15 Solar-parks will das Unternehmen pro Jahr verwirklichen. Die Sorge ist groß, dass landwirtschaftliche Betriebe von Solarpanels verdrängt werden könnten. Denn wenn mit dem Anbau von Lebensmitteln am Ende weniger zu verdienen ist, als mit der Erzeugung von Solarstrom, so könnten riesige Anbauflächen verloren gehen und in Solarparks umgewandelt werden.
Erst kürzlich hat das Wirtschaftsministerium in Brandenburg beispielsweise wegen der Energiekrise Barrrieren für Solarparks beseitigt und dereguliert. So dürfen dort an Bahnstrecken und Autobahnen auch ohne aufwendige Zulassungen in den Gemeinden große Solarparks errichtet werden - sehr zur Freude vieler Investoren.
Um zu vermeiden, dass immer mehr landwirtschaftliche Nutzfläche verloren geht, wird auch getestet, ob das Meer, Schienen und Autobahnen neue Einsatzgebiete für Photovoltaik sein könnten.
Die Wiederentdeckung der Solarenergie und der jetztige Boom ist für viele überraschend, denn lange Zeit war diese ins Hintertreffen geraten. Doch was war passiert, dass die Solarenergie in Deutschland lange Zeit so ins Abseits geriet?
Vor 10 Jahren hatte eine große Pleitewelle die zuvor sehr er-
folgreiche deutsche Solarindustrie in ihrer Entwicklung ausge-
bremst. Während 2010 noch mehr als 130.000 Beschäftigte in der Branche arbeiteten, waren es im Jahr 2016 gut 100.000 Mitarbeiter weniger. Solarenergiefirmen wie Conergy, Q-Cells, Solon, Phoenix Solar oder Solarworld wurden insolvent, schrumpften massiv oder wurden von anderen Unternehmen aufgekauft. Ein grüner Traum war damit für lange Zeit begraben worden.
Grund für die damalige Misere war wohl, dass die Politik die zu-vor sehr großzügige staatliche Förderung drastisch kappte, was dazu führte, dass deutsche Hersteller international nicht mehr konkurrenzfähig waren - denn zur gleichen Zeit wurden chine-sische Solarfirmen von China massiv gefördert. Gegen die we-sentlich günstigeren Produkte aus China hatten die deutschen Unternehmen schließlich keine Chance mehr. China dominiert seit Jahren den Markt. Dort werden etwa 90 Prozent aller globalen Solarmodule produziert. (Stand Mai 2023)
Was sind die Vorteile von Solarparks gegenüber Windrädern?
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Solarparks können recht gut mit Landwirtschaft kombiniert werden. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass gerade Obst- und Beerenkulturen sich dafür eignen.
Der Trend heißt "Agrarfotovoltaik"
Das
Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg hat schon solche Versuche ausgewertet und kam zu folgendem Ergebnis:
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Der Ernteertrag ist nur geringfügig schlechter |
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Bauernhöfe verfügen so aber über recht günstigen Strom |
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Die Solaranlage spendet Schatten, schützt adamit Pflanzen und Böden in Hitzeperioden vor Austrocknung - und Beeren vor Hagel. |
Das Fraunhofer-Institut schätzt, dass sich der gesamte deutsche Strombedarf decken ließe, wenn auf nur vier Prozent der deutschen Agrarflächen zusätzlich Photovoltaikanlagen stehen würden. Hierfür würden allein die Flächen des Obst- und Beerenanbaus ausreichen.
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Bessere Vereinbarkeit mit der Natur
Eine im Dezember 2019 veröffentlichte Studie des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft ergab, dass sich Vögel, Heuschrecken und Tagfalter schon in herkömmlichen Solarparks verstärkt ansiedeln. Solarparks lassen sich gut als Biotope anlegen, die viel Platz für Insekten, Vögel und Hasen bieten. In Cottbus gibt es bereits fünf dieser "Biotop-Solarparks"
Windräder lassen sich dagegen nur schwer mit Biotopen kombinieren, allein schon deshalb, weil die riesengroßen Rotorblätter für Vögel lebensgefährlich sein können. Auch der von Windrädern ausgehende Infraschall scheint für Tiere in der Umgebung durchaus problematisch zu sein. |
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Der größte Energiebedarf besteht in den Städten, doch gerade hier, lassen sich Windräder nur sehr schlecht aufbauen, auch wegen der Akzeptanzprobleme. Solaranlagen dagegen können problemlos auf Dächern installiert werden. |
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Solarenergie bietet den Vorteil einer stärker dezentralen Energieversorgung, denn Photovoltaik funktioniert im Großen wie im Kleinen - von kleinen Einheiten auf dem Balkon bis zu Freiflächenanlagen. Um Windenergie dagegen effizient zu erzeugen, müssen zumeist riesige Windkraftanlagen her. |
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Ein Team der Technischen Universität Hamburg kommt zu dem Schluss, dass große Solaranlagen selbst in Deutschland Strom für weniger als vier Cent pro Kilowattstunde erzeugen können. |
Schätzungen zufolge könnten bis zu 15 Millionen Fahrzeuge bis 2030 in Deutschland unterwegs sein.
Leider ist die Einspeisevergütung in den letzten Jahre immer weiter gesunken, während die Strompreise in der gleichen Zeit drastisch gestiegen sind. In E-Autos sind die Speicher im Schnitt 75 Kilowattstunden groß. Daher dürfte es sich lohnen, diese enormen Speicherkapazitäten zu nutzen.
Der selbstproduzierte Strom kostet 12 bis 14 Cent. Für den Strom aus dem Netz zahlt man 30 Cent. Daher lohnt es sich, den selbst erzeugten Strom der eigenen Photovoltaikanlage erst gar nicht in das Stromnetz einzuspeisen, sondern diesen möglichst zeitnah selbst zu nutzen.
In Deutschland gibt es ungefähr 15 Millionen Häuser, die für eine Solaranlage geeignet sind. Davon haben nur knapp 10 Prozent tatsächlich eine Anlage auf dem Dach. Problem ist, dass die Nachfrage groß ist, aber die Kapazitäten nicht ausreichen. Es fehlt an Fachkräften in der Branche. Wegen der limitierten Installationskapazität können trotz riesiger Nachfrage nur etwa 250.000 und 300.000 Anlagen pro Jahr fertiggestellt werden.
Eine Photovoltaikanlage für einen Vier-Personen-Haushalt kostet je nach Strombedarf zwischen 12.000 bis 15.000 Euro. Je mehr Module für die Stromproduktion verbaut werden, desto teurer kommt es. Wallboxen, mit der man das Auto aufladen kann, bekommt man inzwischen für deutlich unter 1000 Euro. Wallboxen, die für das bidirektionale Laden geeignet sind, kosten momentan etwa 10.000 Euro. |
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